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Antibiotika - Bakterien in Not

Bericht vom Gesundheitsforum Ehingen am 9. November 2016

Das erste Antibiotikum wurde Anfang des 19. Jahrhunderts von Alexander Fleming in Schottland entdeckt, er nannte es Penicillin. Seither haben Antibiotika die Medizin verändert. Sie wirken zweifach: Entweder töten sie Bakterien ab oder sie hemmen deren Wachstum.
 
Dabei sind Bakterien nicht grundsätzlich schädlich. Jeder Mensch trägt etwa 3 Kilogramm dieser Mikroorganismen mit sich herum. Ohne sie würden wir alle nicht überleben. Allein unsere Darmflora besteht aus mehreren Billionen Bakterien. Auch die menschliche Haut ist von harmlosen Bakterien besiedelt. „Ohne ihre Bakterien wären Sie 3 Kilo leichter, aber nicht mehr lebensfähig“, so Dr. Schenzle.
 
Bakterien können aber auch als Krankheitserreger wirken. Rund 200 Bakterienarten sind schädlich für den Menschen und verursachen z. B. eitrige Wundentzündungen, Blutvergiftung oder die Entzündung von Organen. Dank dem weltweiten Einsatz von Impfstoffen und der Antibiotikatherapie kommen Krankheiten wie Cholera, Tetanus, Lepra, Pest, Tuberkulose, Syphilis und Typhus bei uns fast nicht mehr vor. Doch die moderne Medizin kommt ohne Antibiotika nicht aus – sie sind z.B. beim Gelenkersatz, bei Organtransplantationen, bei der Behandlung von Krebs, in der Intensivmedizin und Frühgeborenen Intensivmedizin für die Ärzte nicht wegzudenken.
 
Bakterien sind – anders als Viren - lebende Organismen, die sich an ihre Umwelt anpassen können. Das Antibiotikum muss sich an einem Rezeptor des Keims andocken, um zu wirken. Bakterien versuchen sich gegen das Antibiotikum zu wehren und haben hierzu verschiedene Möglichkeiten z. B. durch Änderung seiner Oberfläche, so dass das Antibiotikum nicht mehr andocken kann. Oder durch Produktion eines Enzyms, welches wiederum das Antibiotikum verändert, durch Verschluss seiner Oberfläche oder durch Herauspumpen des Antibiotikums aus der Zelle. Diese Veränderungen haben schwerwiegende Auswirkungen, denn das Antibiotikum wirkt in diesem Fall nicht mehr. So entstehen Resistenzen.
 
Gründe für die zunehmende Resistenz von Antibiotika sind z.B. die falsche Anwendung des Medikaments (falsche Dosierung oder zu kurze, eigenständige Einnahme durch den Patient) sowie dessen Einsatz bei Viruserkrankungen – hier helfen Antibiotika nicht. Auch die Belastung von Nutztieren spielt hier eine Rolle. In Deutschland wurden Im Jahr 2011 über 800 Tonnen Antibiotika in der Humanmedizin eingesetzt – aber im gleichen Zeitraum mehr als 1700 Tonnen in der Veterinär­medizin. Ein Huhn, das wir im Supermarkt kaufen, ist im Durchschnitt ca. 32 Tage alt und hat meistens schon 2 Zyklen Antibiotika hinter sich.
 
Mit jeder Resistenz vor allem gegen die selten eingesetzten Reserve­antibiotika steigt der Druck für die Forschung, möglichst neue Antibiotika zu entwickeln. Da dieser Wettlauf mit dem Bakterium aber nach heutigem Wissen nicht gewonnen werden kann, arbeiten die entsprechenden Fachleute derzeit an neuen Behandlungsmethoden, die verhindern sollen, dass die Resistenzen zunehmen und künftig Menschen an heute noch harmlosen bakteriellen Krankheiten versterben.
 
Gefragt sei daneben aber auch die Verhinderung der Weitergabe von Infektionen durch den Menschen. Ganz wichtig sei dabei die Händedesinfektion. Dr. Schenzle machte klar, dass der vielfach so bezeichnete Krankenhauskeim MRSA nicht nur im Krankenhaus entstehe. Vielmehr tragen Menschen auf ihrer Haut oder den Schleimhäuten resistente Keime, ohne dies zu bemerken. Im Krankenhaus habe er aber durch verschiedene Eingriffe wie Operationen oder das Anlegen von Kathedern mehr Möglichkeiten, ins Körperinnere zu gelangen. Daher sei die Hygiene bei Ärzten und Pflegekräften ganz besonders wichtig. 
 
Aber auch jeder einzelne profitiere vom regelmäßigen Händewaschen. Denn Keime werden meist von Hand zu Hand übertragen. Besonders belastet seien daher Flächen, die von vielen Menschen berührt werden, wie die Griffe von Einkaufswägen. Hier empfahl der Arzt, die Flächen unterwegs mit einem Desinfektionstuch abzuwischen.
 
Auch die Küchenhygiene sei wichtig: Fleisch z.B. solle man erst abwaschen, Messer und Schneidebrett sofort in die Spülmaschine geben. Ein Keim stirbt bei einer Temperatur ab 60 °C ab. Daher sollte man auch die Bettwäsche nach einer Krankheit bei mindestens 60°C waschen.
 
Dr. Schenzle empfahl, Antibiotika nur dort einzusetzen, wo dies wirklich notwendig sei und rät außerdem: „Wenn Sie von Ihrem Arzt ein Antibiotika verordnet bekommen, dann nehmen Sie es laut dessen Verordnung und auf keinen Fall eigenmächtig ein. Auch wenn es Ihnen schon besser geht, nehmen Sie es unbedingt so lange ein, wie Ihr Arzt es Ihnen geraten hat.“ Denn eine verfrühte Absetzung des Medikaments sorgt dafür, dass die noch verbliebenen Bakterien resistent werden können.
Antibiotika werden am besten mit einem Glas Wasser genommen und sollten je nach Antibiotika vor, mit oder nach der Mahlzeit genommen werden.