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Adipositas ist mehr als Schönheitsproblem

Wie Betroffene kompetente Hilfe bekommen

Da geht es z.B. darum, überhaupt passende Kleidung zu finden, um die Sorge, nicht in einen Stuhl zu passen oder nicht mehr rauszukommen. Es geht um ernste Folgekrankheiten wie Diabetes oder ein erhöhtes Risiko für Herzkreislauferkrankungen und bestimmte Krebsarten. Auch bei Corona haben Menschen mit stark erhöhtem Körpergewicht ein deutlich erhöhtes Risiko für einen schweren Verlauf. Viele haben Schmerzen oder sind in ihren Bewegungsmöglichkeiten eingeschränkt, denn auch die Gelenke sind nicht für diese Extrabelastung ausgelegt. Dazu kommen oft psychische Folgen durch Mobbing oder das Gefühl, nicht so angenommen zu werden, wie man ist.

Viele scheuen wegen schlechter Erfahrungen den Gang zu einem Arzt. Und wenn sie sich in ihrer Not doch einem Arzt anvertrauen, passiert es nicht selten, dass sie dort den Tipp bekommen, einfach weniger zu essen und sich mehr zu bewegen. Doch das geht am eigentlichen Problem vorbei und ist gerade für stark adipöse Menschen keine wirkliche Hilfe.

Von Adipositas spricht man, wenn eine Person einen Body-Mass-Index von 30 erreicht. Dies ist z.B. der Fall, wenn ein 1,80 Meter großer Mann 98 kg wiegt oder eine 1,65 Meter große Frau 82 kg. Adipositas ist kein Zeichen für fehlende Disziplin, sondern eine chronische Krankheit. Doch während andere chronisch verlaufende Krankheiten wie Bluthochdruck, Herzrhythmusstörungen, Diabetes oder Chronisch entzündliche Darm-erkrankungen ganz selbstverständlich behandelt werden, fehlt dieses Bewusstsein für eine Behandlungsnotwendigkeit bei einem Großteil der Bevölkerung ebenso wie in Teilen der Ärzteschaft und bei den Kostenträgern.

Viele Betroffene haben bereits zahlreiche Abnehmversuche hinter sich. Oft wird dabei tatsächlich kurzfristig Gewicht verloren, aber die meisten Diäten sorgen für eine Verschlechterung des Stoffwechsels, so dass der gefürchtete Jojo-Effekt eintritt und das Gewicht nach der Diät über das vorherige Ursprungsgewicht steigt.

Ab einem BMI von 28 sprechen manche Experten von einer hormonellen Bremse. Damit meinen sie, dass das komplizierte Hormonsystem, dass Signale wie Hunger und Sättigung steuert und bestimmt, welche Nahrungsanteile als Fett eingelagert und welche verbraucht werden, aus dem Gleichgewicht gerät. Eine zentrale Rolle spielen hier die Hormone Leptin und Ghrelin. Wenn der Hormonhaushalt gestört wird, führt das dazu, dass Betroffene trotz ausreichender Kalorienzufuhr ständig hungrig sind und zudem weniger Energie verbraucht und stattdessen als Körperfett eingelagert wird.

Je schwerer eine Person ist, umso schwerer fällt ihr daher das Abnehmen. Ab einem BMI von 50 (der bei unseren Beispielpersonen ab 162 kg bzw. 136 kg erreicht wäre) wird dieser Effekt so stark, dass Experten davon ausgehen, dass dann mit rein konservativen Maßnahmen das Zielgewicht nicht mehr in einer vernünftig kurzen Zeit erreicht werden kann.

Doch die gute Nachricht ist: Mit sinkendem Gewicht funktioniert auch der Hormonhaushalt wieder wie er soll und auch Folgekrankheiten lassen sich damit in vielen Fällen verzögern oder verbessern. Es lohnt sich also, das Problem anzugehen. Doch bitte nicht mit der nächsten Blitzdiät aus einer Frauenzeitschrift.

Betroffene finden Hilfe im Adipositas Netzwerk Alb-Donau. Dort stehen zahlreiche interdisziplinäre Experten bereit, denn die Therapie einer Adipositas muss je nach konkretem Krankheitsbild unterschiedliche Komponenten enthalten. Es geht um eine kombinierte Ernährungs- und Bewegungstherapie, die bei Bedarf u.a. auch verhaltenstherapeutische Elemente beinhalten kann.

Regelmäßig – immer am ersten Dienstag im Monat – informiert Bernd Nasifoglu, Sektionsleiter für Viszeralchirurgie im Alb-Donau Klinikum Ehingen im Rahmen eines Infoabends über das Konzept.

Das Angebot richtet sich an alle Betroffenen mit Adipositas und dem Wunsch, etwas daran zu ändern. Dabei ist noch nicht entscheidend, ob die Patienten schon eine Idee haben, wie ihnen geholfen werden kann. Auch wer sich erst einmal über die Möglichkeiten einer konservativen oder operativen Behandlung informieren möchte, ist in dieser Runde willkommen“ erklärt Nasifoglu. Es geht darum, das Adipositas Netzwerk Alb-Donau und seine Möglichkeiten vorzustellen. Wie entsteht Adipositas und wie erklärt sich der Jojo-Effekt? Welche Optionen gibt es? Womit können die Spezialisten des Netzwerks welchen Patienten helfen? Wie sieht der erste Schritt aus und was ist als nächstes zu tun? Um diese und weitere Fragen dreht sich alles während der Infoveranstaltung.

Der nächste Infoabend findet am 5. Oktober um 17:30 Uhr im Konferenzbereich des Gesundheitszentrums Ehingen im 3. Ober­geschoss in der Hopfenhausstraße 6 statt. Es gilt die 3G Regel und es muss eine FFP2 Maske getragen werden. Teilnehmer müssen sich auf Grund der Coronaregeln im Vorfeld unter der Telefonnummer 07391/586 5208 anmelden.